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Privatmuseum SAM – Sammlung Ariel Muzicant

Die Sammlung Ariel Muzicant umfasst rund 25.000 jüdische Objekte (Judaica), Ritualgegenstände, Bücher, Exlibris und Archivalien, die bislang beinahe ausschließlich im privaten Rahmen zugänglich waren. Zum Zwecke der öffentlichen Präsentation der einzigartigen Exponate adaptierte KENH das ehemalige Geschäftslokal eines Gründerzeithauses in der Wiener Innenstadt zu einem intimen Ausstellungssalon mit eigens an den Raum angepassten Displays. Auf knapp 160 Quadratmetern zeigt das als natürliche Klimakammer ausgestaltete Privatmuseum SAM nunmehr rund 100 ausgewählte Objekte aus der europäischen Welt.

Vorhang auf für SAM

Im Sinne der adäquaten konservatorischen und sicheren Verwahrung der ausgestellten Stücke wurde die klassische Lochfassade der Erdgeschoßfläche geschlossen. Das gedämpfte Licht des Vorraums stimmt Besucher:innen auf die für lichtsensible Textilien und Pergamente notwendigen, von Raum zu Raum graduell dunkler werdenden Beleuchtungssettings ein. Der Vorraum fungiert darüber hinaus als Schleuse und Pufferzone zwischen dem Außenraum und der mit konstanten 22 Grad Celsius temperierten Ausstellungsfläche. Der Empfangsbereich umfasst ein Kassamöbel, Spinde und eine Garderobe. Der von Thuan Nguyen-Tien illustrativ gestaltete durchsichtige Vorhang am Entrée zum ersten Raum zeigt stark vergrößerte Details einzelner Ausstellungsstücke und gibt eine Vorahnung von den dahinterliegenden Preziosen.

Der Ausstellungsraum als natürliche Klimazelle

Ökosensibler Kalkputz mit temperatur- und feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften trägt zu einem gleichbleibenden Raumklima bei und bietet so ideale konservatorische Bedingungen für die Aufbewahrung von Objekten aus Silber, Zinn, Ton, Porzellan, Glas, Pergament, Textil, Papier oder Holz. Gemäß der Realisierung des Privatmuseums mit natürlichen Materialien wurde sein Boden als Sisalteppich ausgestaltetet. Wie der Kalkputz und die Kalkfarbe zeichnet sich auch dieser durch seine hohen Feuchtigkeitsaufnahmequalitäten aus. Die Vitrinen bestehen aus gebeiztem Eschenholz. Die darin aufbewahrten Objekte kommen ausschließlich mit pulverbeschichtetem Metall oder Oddy-zertifizierten Textilien in Berührung. Eine kontrollierte Lüftung sorgt gemeinsam mit dem schadstoffbindenden Anstrich für optimale Luftverhältnisse. Ergänzende Klimageräte – nur eines pro Raum – kommen lediglich dann zum Einsatz, wenn allfällige Temperaturspitzen im Hochsommer ausgeglichen werden müssen.

Spotlight on SAM

Die Lichtgestaltung des Privatmuseums zielt auf die detaillierte Betrachtungsmöglichkeit der Ausstellungsgegenstände durch die Besucher:innen ab. Die dunkelblaue Farbgebung der Vitrinen folgt dem Corporate Design des Sammlungseigentümers und setzt einen klaren formalen Kontrapunkt zu den präsentierten Silberobjekten, Pergamenten und Textilien. Durch das reduzierte Raumlicht erscheinen die Objekte in den Vitrinen trotz konservatorisch schonender Lichtniveaus hell und strahlend und treten als Lichtinseln hervor, die Objekte im Sinne eines Passepartouts rahmen und adäquat in Szene setzen. Sämtliche Möbel wurden als Vorsatzschale in Modulbauweise ausgeführt und sind hinterlüftet. Nötige Verkabelungen verlaufen außenliegend, wodurch größtmögliche Flexibilität der Displays gewährleistet wird: Einzelne Paneele und Vitrinen können bei Bedarf getauscht, die Ausstellung gegebenenfalls erweitert werden. Durch eine interaktive Steuerung mittels Präsenzdetektoren werden einzelne Vitrinen erst in vollem Umfang illuminiert, wenn Besucher:innen diese auch aus der Nähe betrachten. Dies schont die Objekte und lässt die Ausstellung zudem als dynamische und in ihrer Erscheinung variierende Präsentation zur Geltung kommen.

Visitor Journey

Der erste Raum veranschaulicht den historischen Kontext der Sammlung und widmet sich der aschkenasischen Objektkultur. Dem hebräischen Begriff entsprechend werden hier Exponate aus West-, Mittel- und Osteuropa gezeigt. Herzstück des zweiten Raums ist ein dreidimensional bestickter raumhoher Vorhang (Parochet, vor dem Toraschrank). Ursprünglich stammt dieser aus dem sogenannten Türkischen Tempel in der Zirkusgasse im zweiten Wiener Gemeindebezirk und ist wie die anderen Exponate in diesem Raum dem sefardischen Kulturgut zuzuordnen. Die Synagoge in der Zirkusgasse wurde während der Novemberpogrome 1938 zerstört. Das Centerpiece der Ausstellung wurde in mühevoller Handarbeit über zwei Jahre lang restauriert und ist weltweit einzigartig.

Projektübersicht

Umbau
Größe: zirka 160 Quadratmeter
Fertigstellung: 2023

Auftraggeber

Judaica Forschung gemeinnützige GmbH

TEAM

Kim Tien, Ida Gössl, Natalie Neubauer und Andreas Pfusterer

Adresse

Salvatorgasse 4–6, 1010 Wien

Lichtdesign

Gunther Ferencsin-Junick

Grafik, Logo und Typografie

Renate Stockreiter

Fotos

David Peters

Privatmuseum SAM – Sammlung Ariel Muzicant

Die Sammlung Ariel Muzicant umfasst auch Primär- und Sekundärliteratur zum österreichischen Judentum, Archivalien zur Geschichte der österreichischen Jüd:innen, Exlibris jüdischer Persönlichkeiten und Künstler:innen, Postkarten mit Synagogensujets aus aller Welt und – vor allem – europäische Judaica, die Teil des kunsthistorischen Bereichs der Sakralkunst sind.

Die zur Ausstellung gelangten Objekte wurden von den Kuratorinnen Felicitas Heimann-Jelinek und Daniela Schmid sowie von Sammlungseigentümer Ariel Muzicant im Rahmen der Umsetzung des Privatmuseums ausgewählt. Derzeit werden rund 100 Objekte der bis dato 25.000 Objekte umfassenden Sammlung präsentiert.

„Jedes Stück hat eine Geschichte, hinter jedem Stück steht ein Mensch, der es für irgendeinen Zweck bestellt oder gekauft hat.“
— Ariel Muzicant, Sammlungseigentümer

„Gleich ob hochkünstlerisch oder einfach, ob aus Gold oder aus Zinn, die Judaica der Sammlung Muzicant übersetzen die abstrakte Schönheit des religiösen Gebots in eine gegenständliche.“

— Felicitas Heimann-Jelinek, Co-Kuratorin

planmaterial

Danke!

Die Umsetzung der Sanitärbereiche des Privatmuseums erfolgte mit freundlicher Unterstützung von LAUFEN. Das großzügige Produktsponsoring umfasste Sanitärkeramik der Serien INO (Waschtisch) und VAL (Toilette und Urinal) sowie die elektronische Unterputzwaschtischarmatur TWINTRONIC. Die Betätigungsplatte und die Urinalsteuerung stammen von Geberit. Unser Dank gilt Martin Brozovsky, Projektmanager bei LAUFEN.

KENH Architekten ZT GmbH
Zirkusgasse 34/2, 1020 Wien

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